Wer verhütet nicht und warum?

Frage: „Warum haben Sie selbst im letzten Jahr keine Verhütungsmethode angewandt?“

29 % der Frauen und 26 % der Männer geben an, dass weder sie selbst noch der/die Partner/in verhütet haben. Begründet wird dies von 12,3 % aller Männer und 10,5 % aller Frauen damit, dass sie keinen oder nur selten Sex haben. Unter Frauen ist der zweithäufigste Grund, dass sie keine Hormone nehmen möchten (7,5 % aller Frauen). Dieser Anteil der Frauen nimmt mit dem Alter signifikant zu. Unter Männern ist der zweithäufigste Grund für das Nicht-Verhüten ein Kinderwunsch (5,5 % aller Männer). Dies wird von Frauen, die nicht verhüten, nur halb so oft angegeben (3,1 %). Der Kinderwunsch ist besonders bei den 30–40-jährigen Männern und Frauen signifikant höher. An dritter Stelle wird von Frauen angegeben, sie seien im Wechsel, und von Männern, Sex ohne Verhütung sei lustvoller bzw. sie selbst oder die Partnerin seien unfruchtbar.

Kommentar:
Klar zeigt sich, dass Verhütung für die meisten Menschen selbstverständlich ist. Besonders junge Frauen und Männer sehen die Notwendigkeit. Interessanterweise verhüten Männer beinahe so häufig wie Frauen (64 % bzw. 54 %). Mehr als die Hälfte der Männer übernehmen selbst Verantwortung für die Verhütung, obwohl es deutlich weniger Methoden für Männer gibt. Unter den Frauen übernehmen 64 % selbst die Verantwortung für ihre Fruchtbarkeit. Sowohl für Frauen als auch für Männer gibt es Lebenssituationen, in denen nicht verhütet wird: Die Hauptgründe für Nicht-Verhüten sind keine bzw. seltene sexuelle Kontakte (10 % F, 11 % M). Ein Großteil von diesen Befragten ist unter 20 Jahren (71 % bei Frauen, 55 % bei Männern).

Grafik 11: Wer verhütet nicht – Gründe

Auf Verhütung zu verzichten, wenn man derzeit in keiner intimen Beziehung lebt, ist auf den ersten Blick nachvollziehbar. Allerdings ergibt sich Sexualität meist spontan und wird selten voraus geplant. Das führt bei dieser Gruppe zu einem erhöhten Risiko für ungewollte Schwangerschaften. Bestätigt wird dies durch Gespräche mit Frauen, die zu einem Schwangerschaftsabbruch kommen. Viele von ihnen haben auf Verhütung verzichtet, weil sie aktuell nicht mit einer sexuellen Beziehung gerechnet haben.

Der zweithäufigste Grund für Nicht-Verhütung bei Frauen ist, dass sie keine Hormone nehmen möchten. Dieses als „pill scare“ international bekannte Phänomen ist in diesem Ausmaß neu in Österreich (Siehe Kapitel: Vermeidung hormoneller Methoden). Ein weiterer und in vielen Befragungen bisher übersehener Grund für das Nicht-Verhüten ist, dass Sex ohne Verhütung von manchen als lustvoller erlebt wird (1,1 % aller Frauen und 4,5 % aller Männer). Erwartungsgemäß wünschen sich viele Menschen ein Kind und verhüten deshalb nicht. Im letzten Jahr haben 3,1 % aller Frauen deshalb nicht verhütet, was österreichweit etwa einer Anzahl von 62.000 Frauen entspricht. In diesem Zeitraum (im Jahr 2014) gab es 81.722 Geburten.5

Der Anteil ungeplanter Schwangerschaften an den Geburten dürfte aufgrund dieser Ergebnisse bei etwa 32% liegen. Das ist etwas mehr als z. B. in Deutschland (<30 %) und deutlich mehr als in Frankreich, wo nur etwa 20 % aller Geburten ungeplant sind.6,7 Bei den über 30-Jährigen sind mehrere grundlegende Veränderungen zu beobachten, weshalb nicht verhütet wird: Es wird häufig ein bestehender Kinderwunsch angeführt. Bei vielen Paaren kommt die Annahme hinzu, unfruchtbar zu sein, wobei dies auch eine falsche Einschätzung sein kann. Gelegentlich werden Frauen nach einiger Zeit und/oder mit einem neuen Partner doch unerwartet schwanger. Und schließlich kommen Frauen über 40 Jahre auch zunehmend in den Wechsel und hören somit auf zu verhüten.